
Story-Pics 2014 ist die Folgeaktion der erfolgreichen
Schnapp-Wort-Story ohne Namen aus dem letzten Jahr. Was es damit auf sich hat, kann man hier bei Always Sunny nachlesen. Viel Spaß!
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So sah es ein ganzes Jahr lang jede Woche einmal aus wenn ich, so wie einige andere Teilnehmer auch, einen Beitrag zu Sunnys Aktion "Story-Pics 2014" gepostet habe.
52 Wörter habe ich gespendet, und zwar diese hier:
Schnecke, Änderungsschneiderei,
Handbewegung, Schweinerei, Ohrläppchen, Blumenzwiebeln, Unikat, Flaschenverschluss, Überraschungsbesuch, Familienfeier, Hüftgold, Traumberuf, Siegerehrung, Froschkönig, Sprichwort, Gänsemarsch, Biofleisch, Augenblick, Lieblingsblume, Werbung, Milchreis, Gruppenzwang, Gemeinheit, Irreführung, Dorfkneipe, Kopfstand, Wohnzimmerlampe, Hundefutter, Leseratte, Hirnforscher, Volksverdummung, Warnschild, Maßstab, Rückzug, Kakerlake,
Arbeitsplatz, Sonntagsbraten, Zündschloss, Geburtstagstorte, Durchsetzungsvermögen, Türsteher, Kreativität, Seifenblasen, Demonstration, Besitz,
Stimmung, Skulptur,
Haarspalterei, Perfektion, Weisheit,
Rolltreppe
Mein Schreiberling hat daraus eine schöne und spannende Geschichte gebastelt, die ich natürlich sofort hier für alle veröffentlichen möchte. Wer mein Schreiberling war, bleibt allerdings noch geheim!
Viel Spaß beim Lesen, und mein Schreiberling freut sich sicher über eure Kommentare! Und ich mich natürlich auch!
Trick 17
Ich hasse Überraschungsbesuche,
besonders diejenigen, die in eine seit Monaten geplante Familienfeier
platzten. Doch genau so eine Gemeinheit erlebte ich am Ehrentag meiner
Mutter. Ich kehrte gerade vom Bäcker zurück, bei dem ich eine gigantische Geburtstagtorte
geordert hatte. Hüftgold pur in drei Etagen. Zum 70. Geburtstag musste
man für Stimmung unter den Gästen sorgen. Die Einladungskarten, die ich mit
viel Kreativität entworfen und gebastelt hatte, waren seit Wochen
verschickt, Mamas Lieblingsblumen bestellt und alles lief nach Plan. Ich
klopfte mir selbst dafür auf die Schulter. Das Sprichwort Der frühe Vogel fängt den Wurm traf auf
einen Großteil meines Lebens zu. Aber als ich das vor der Tür geparkte Auto von
Onkel Ernst entdeckte, platze der Traum von einer perfekten Party wie eine Seifenblase.
Ich rang lange mit mir, ob ich Onkel Ernst und Tante Gunilla zur Feier einladen
musste. Die wenigen Male, die wir uns im Leben getroffen hatten, blieben mir
nicht ein einziges Mal als schön in Erinnerung. Auch Mutter schimpfte
regelmäßig über deren Verhalten.
»Die sollten sich was
schämen! Kommen hier vorbei, als schuldeten sie mir kein kleines Vermögen,
schlingen unseren Sonntagsbraten herunter und beschweren sich hinterher
darüber, dass es kein Biofleisch war. Für diese Schweinerei
serviere ich ihnen beim nächsten Besuch Hundefutter, das schwöre ich
dir, Sabine«, hatte Mama das letzte Mal wütend erklärt. Im Leben hatte ich
bereits einige Demonstrationen von Mutters Durchsetzungsvermögen bekommen,
weshalb mir klar war, dass sie die bucklige Verwandtschaft auch während der
nächsten Stippvisite keineswegs mit Tiernahrung abspeisen würde. Nach kurzen
Gewissensbissen war meine Gästeliste durchaus ohne die Namen Ernst und Gunilla
ausgekommen. Eigentlich hätte das Warnschild vorm geistigen Auge in dem Augenblick
auftauchen müssen, als ich die Entscheidung fällte. Manche Menschen sind wie Kakerlaken,
sie riechen es sofort, wenn es etwas zu essen und zu feiern gibt. Du kannst
einen Kopfstand machen und mit den Ohrläppchen wackeln, es bleibt
eine Tatsache.
Einen kurzen Moment
dachte ich an Rückzug, um der vertrackten Situation zu entkommen. Was
sprach gegen ein gemütliches Bier in der Dorfkneipe? Der nicht ganz
unwichtige Umstand, dass meine Mutter nichts von ihrer Feier ahnte, ließ mich
wie eine Schnecke auf unser Haus zugehen. Zum Glück schien ich
rechtzeitig zu sein, denn meine Verwandtschaft saß noch im Wagen und
beschäftigte sich mit irgendetwas, dass ich nicht genau erkennen konnte. Im
Näherkommen beobachtete ich, wie sie einen kleinen Gegenstand befingerten. Mir
wurde heiß und kalt und ich hatte keine Ahnung, wie ich die beiden loswerden
konnte, bevor sie Lunte rochen. Meine Gedanken jagten hinauf und hinab, wie
eine mächtig in Fahrt gekommene Rolltreppe.
Mich als Türsteher vor dem eigenen Zuhause zu postieren, war nicht
gerade das, was man einen Traumberuf nennt. Doch ich war wild
entschlossen, die beiden wieder loszuwerden und unseren Besitz in Form
eines Festessens vor ihnen zu verteidigen. Würden sich Geschichten aus der Werbung
als wahr erweisen und keine Volksverdummung darstellen, müsste ich mir
nun lediglich einen Kaugummi in den Mund stecken, um eine super Idee zu
erhalten. Doch genau wie das Märchen vom Froschkönig erwies sich die
meine als Irreführung der Konsumenten. Ich besaß weder einen
Kaugummidragee noch eine goldene Kugel, mit deren Hilfe ich die beiden mit
Gewissheit von ihrer Abreise hätte überzeugen können.
Vorsichtig klopfte ich
an die Autoscheibe. Onkel Ernst riss erschrocken die Hand nach oben ans Zündschloss
und kurbelte wenig später das Fenster herunter, nachdem er sich von seinem
Schreck erholt hatte.
»Was macht ihr beiden
hier?«
»Na deiner Mutter zu
ihrem Wiegenfest gratulieren, was sonst«, fragte Gunilla säuerlich.
»Ich dachte nicht, dass
ihr beiden daran denkt. Ihr wart seit
Jahren nicht mehr zu ihrem Geburtstag bei uns.«
Mit einer
entschuldigenden Handbewegung erklärte die Tante: «Es gab einige
Umstrukturierungen am Arbeitsplatz. Die Firma wird den Standort
wechseln, zuerst fürchteten wir, ich müsse für das letzte Dienstjahr noch in
eine andere Stadt umziehen, aber dann ergab sich eine bessere Lösung. Ich bin
nun im Ruhestand.«
Hierzu sollte der
geneigte Leser wissen, dass mein Onkel Ernst mit Gunilla eine Frau heiratete,
die viel jünger als er selbst ist. Sie ist ein echtes Unikat. So
ausgeprägte Eigenliebe und Ignoranz Mitmenschen gegenüber findet man eher selten. Er lernte sie in einer Änderungsschneiderei
kennen, in die er seine verdreckten Kittel brachte, wenn er mal wieder eine
undefinierbare Skulptur vollendet hatte. Er zeigte uns bei einem Besuch
Fotos seiner Werke, die mich höchstens entfernt an eine Wohnzimmerlampe
oder Blumenzwiebeln erinnerten, nie aber an das, was er sich dabei
gedacht hatte. Vermutlich bin ich selbst jedoch kein Maßstab in der Beurteilung
von Kunstwerken anderer. Meine eigenen Kreationen sind vermutlich für den einen
oder anderen Betrachter auch nur buntes Wirrwarr. Doch habe ich viele Fans, die
sich daran erfreuen, dass ich mich niemals einem Gruppenzwang unterwarf
und deshalb nicht nur das auf Leinwand bringe, was als eindeutig erkennbar
durchgeht. Ich male stets nach Gefühl und Stimmung, jeder Hirnforscher
wäre beglückt, meine Werke zu analysieren. Dies tut jedoch nichts zur
Geschichte, die ich eigentlich erzählen möchte, es grenzt an Haarspalterei, wenn ich noch weiter
aushole.
Onkel Ernst und Tante
Gunilla stiegen unter deutlich vernehmbarem Ächzen aus dem Auto und schritten
im Gänsemarsch auf unser Haus zu.
Panisch rannte ich ihnen
voraus und postierte mich vor der Eingangstür. Ganz nach der Devise ‚Du
kommst hier nicht rein’, machte ich mich breit und stemmte die Hände in die
Hüften.
Gunilla kam mit
verkniffenem Gesichtsausdruck auf mich zu und keifte: „Was soll das denn jetzt
werden. Wir sind eine Ewigkeit gefahren. Ich habe Durst und Hunger. Außerdem
möchte ich dem Geburtstagskind gratulieren. Was stehst du hier herum?«
‚Denk nach, denk nach’
hallte es in meinem Hirn, doch war ich weit von einem erlösenden Klick entfernt,
der meine Ideen in die richtige Richtung lenkte.
»Aus dem Weg«, polterte
nun auch Onkel Ernst.
»Ihr könnt gerne später
vorbei kommen. Da ihr versäumt habt, euren Besuch telefonisch anzumelden, muss
ich euch nun mitteilen, dass es Mutter gar nicht gut geht. Sie liegt im Bett
und isst nur Milchreis, weil sie von einer hochansteckenden
Magen-Darm-Grippe außer Gefecht gesetzt wurde.«
Einen kurzen Moment lang
schien es, als habe mich diese aus dem Ärmel geschüttelte Ausrede bereits das
Ziel erreichen lassen. Tante Gunilla formte ein enttäuschtes Oh mit ihren Lippen, drehte sich
angewidert um und trat zur Seite. Meinen Onkel jedoch konnte die
Horrorgeschichte kaum davon abhalten, weiterhin Einlass zu begehren.
»Dann fällt der
Geburtstagskuss eben aus und wir achten auch sonst darauf, ihr nicht zu nahe zu
kommen. Gibt es eigentlich gar keine Feier?«, fragte meine Tante linkisch und
ich ahnte, dass die beiden genauestens Bescheid wussten.
»Würdest du gerne eine Party ausrichten, wenn du auf der Toilette nicht
recht entscheiden kannst, in welche Richtung du dich zuerst drehen sollst?«
Mein Ton wurde rasch aggressiver als ich beabsichtigte, denn momentan war ich
mit meiner Weisheit am Ende. So
leicht ließen die beiden sich wohl doch nicht abwimmeln.
„Ist es tatsächlich so arg“, fragte Tante Gunilla und schien ein wenig
ängstlich zu sein.
„Glaubst du etwa, ich binde euch hier einen Bären auf? Ich würde euch
liebend gerne hereinbitten, um gemeinsam auf das Geburtstagskind anzustoßen.
Leider habe ich viel zu viel Angst davor, euch beide hinterher ins Hospital
bringen zu müssen.“
Gunilla zog am Mantelärmel von Onkel Ernst. Dieser dachte jedoch nicht im
Entferntesten daran, kampflos aufzugeben.
„Seit wann ist sie krank? Ich schätze, ihr hattet eine Feier geplant?“
Meine Gedanken stecken so fest wie der Plastikeinsatz im Flaschenverschluss.
‚Worauf will er hinaus? Konnte ich die beiden mit einem Carepaket loswerden?‘
Einen Versuch würde ich wagen müssen.
„Seit gestern, ich komme eben von der Bäckerei, wo ich die Geburtstagstorte
zum Glück noch abbestellen konnte. Die Platten waren so gut wie fertig und
stehen in Cellophan verpackt im Kühlschrank. Soll ich euch was als Wegzehrung
für die Rückfahrt bringen?“
„Rückfahrt? Nein! Wir werden selbstverständlich mit hineingehen, um meiner
Schwester einen Besuch am Krankenbett abzustatten.“
Ich hörte, wie sich hinter uns das Schlafzimmerfenster meiner Mutter
öffnete, und hielt die Luft an. Nun würde sich entscheiden, ob wir die beiden
loswurden und es zu unserer Siegerehrung käme, oder ob Mama alles
vermasselte.
Mit einer kränklichen Stimme, die ich augenblicklich als schauspielerische
Maßnahme enttarnte, fragte sie: „Gab es ausreichend Elotrans in der Apotheke?“
„Ja, zum Glück, ich bringe es dir sofort nach oben. Ich soll dir übrigens von
ihm ausrichten, dass er die Meldung ans Gesundheitsamt abgeschickt hat.“
Mutter schaute einen Moment verdutzt, also sprach ich rasch weiter: „Er
sagte, er sei fraglos nicht verkehrt, bei einem so ausgeprägten Krankheitsbild
an Salmonellen zu denken. Man könne die Mitteilung jederzeit zurückziehen, wenn
sich das Laborergebnis als negativ erweist. Vorsicht Porzellankiste und so»,
ich zwinkerte ihr unauffällig zu.
Als ich mich wieder nach Onkel und Tante umdrehte, saß Gunilla bereits im
Wagen. Auch Onkel Ernst schien es eilig zu haben. Er winkte hinauf, rief „Gute
Besserung“, schüttelte mir die Hand mit den Worten: „Dann ein anderes Mal“, und
ging zum Auto. Ich nickte freundlich lächelnd und sah aus dem Augenwinkel ein
weiteres Fahrzeug auf unser Haus zufahren. Ich erkannte schockiert, dass darin
zwei geladene Gäste saßen. Mit einer ausladenden Armbewegung Richtung
Nachbarhaus rannte ich nach drinnen, wo Mutter bereits mit einem schelmischen
Grinsen wartete.
„Sind Salmonellen meldepflichtig?“
Ich nickte: „Hab ich gerade vor ein paar Tagen gelesen.“
„Zum Glück beherbergt dieses Haus eine Leseratte, ich wäre Ernst und
Gunilla gnadenlos ausgeliefert gewesen.“ Sie küsste mich auf die Stirn.
„Ohne deine Frage, die du aus dem Fenster gerufen hast, wäre ich nie drauf
gekommen. Das nennt man wohl Teamwork in Perfektion“,
erklärte ich ihr verlegen grinsend, als es an der Tür klopfte.
Ob wir gewannen, oder unsere Verwandtschaft die Lunte im letzten Moment
roch, bleibt Ihrer Phantasie überlassen. Als kleiner Tipp sei noch erwähnt,
dass meine Tante jeden Sehtest mit Bravour besteht.
Was für eine geile Story. Die lädt ja direkt zum Weiterschreiben ein. Ich würde mal sagen, die Gunilla mit den Adleraugen wirft sich vor das Auto der weiteren anrollenden Verwandtschaft und informiert diese über die Salmonelleninfektion im Haus deiner Mutter. Da aber jeder aus der Familie Gunilla und ernst kennt und keine Lust auf sie hat, spielt auch jeder Neuankömmling mit und macht kehrrt. Das geht so lange, bis Ernst und Gunilla verschwinden. Dann kommen alle aus ihren Verstecken und die Party steigt.
AntwortenLöschenLG Iris
Iris, so wäre es wohl geworden, denn mit Alerauge Gunilla mag niemand eine Party feiern *grins*, das hast du gut erkannt. Ich kann mich dir da nur anschließen. Und Salmonellen hätte ich eigentlich in keiner Geschichte erwartet.
AntwortenLöschenIch habe deine Geschichte gerade mal überflogen, weil ich gerade nicht so viel Zeit lasse. Aber sie fängt ja schon mal sehr lustig und rasant an! Ich werde auf das eBook warten, du lässt sie doch hoffentlich veröffentlichen?
AntwortenLöschenLG
Sabienes
Hallo,
AntwortenLöschenich kann mich Iris nur anschließen. Eine sehr geile Geschichte. :)
Es ist einige Zeit verstrichen, doch jetzt komme ich endlich dazu, allen Teilnehmern meinen Dank zu sagen. Ehre wem Ehre gebührt. :)
http://www.netzblogger.net/story-pics-finale-sammlung-kurzgeschichten/22363/
Ich finde das eBook sehr gelungen. Hast Du es auch schon gelesen?
LG Timm